Die Geschichte der Wassermühle in Katemin
Starten wir mit den geschichtlichen Anmerkungen von Wolfgang Soltau:
Einen Kilometer vor der Einmündung des Kateminer Mühlenbachs in die Elbe liegt als mühlenhistorisches Kleinod die Kateminer Wassermühle. Die Geschichte reicht weit bis ins 14. Jahrhundert zurück. Aus Dokumenten des Klosters St. Marien in Scharnebeck geht hervor, dass 1366 der Edelmann Huner von Oedeme die Mühle einem Otto von Thune verkauft. Dieser Otto von Thune schenkt 1367 die Mühle dem Kloster Scharnebeck. Ihm und seiner Frau wird eine Grablage im Kloster eingeräumt.
Das damalige Kloster Scharnebeck wird 1528 aufgelöst und dessen Besitztümer in Katemin – die Mühle und zwei Höfe – fallen an die Landesherrschaft. Die Landesherrschaft wiederum überträgt die Mühle auf Erbzins an die eingesessenen Höfner in Katemin. Zuerst sind es fünf, dann sieben. Selbige wiederum setzen auf der Mühle gelernte Müller als Unterpächter ein.
Hiervon sind bekannt bzw. habe ich herausgefunden:
- Um 1600: Michell Bagunk
- 1758–1766: Peter Gottfried Müller
- 1767–1772: Johann Ernst Wittenburg
- 1772–1788: Johann Christoph Schadt, aus Neetze
- 1789–1796: Johann Friedrich Meyer, ein Kateminer
Im November 1790 brennt die Mühle in einer Nacht nieder! Danach wird sie wieder aufgebaut. Des Weiteren waren die Pächter:
- 1797–1805: Johann Christoph Herder aus Volzrade (Mecklenburg)
- Ab 1805: Peter Jacob Tüscher aus Platschow (Mecklenburg)
Die Familie Tüscher bleibt über drei Generationen und erwirbt die Mühle schon vor 1850 als Eigentum. 1895 verkauft der letzte Tüscher, Gustav Tüscher, die Mühle an Jürgen Engel.
Jürgen Engel stammte aus dem Holsteinischen und war zuvor Windmüller in Bleckede und zuletzt Wassermüller in Darzau gewesen. 1895 hatte die Kateminer Wassermühle drei 4,5 Meter hohe unterschlächtige böhmische Wasserräder, die einen Roggengang, einen Weizengang und über das dritte Rad eine Öl- und Walkmühle antrieben. Leider ist hiervon bis heute keine Fotografie aufgefunden worden.

Helmut und Irmgard Hoffmann haben sich 2022 mit der Geschichte der Mühle auseinandergesetzt:
Eher unauffällig und von der Straße kaum zu sehen ist das Geschäft, welches das Ehepaar Daxner in Katemin führt und das längst mehr ist als ein Geheimtipp für Menschen, die das besondere Angebot dieses Ladens sehr zu schätzen wissen. Fährt man auf den Hof und blickt sich neugierig um, sieht man ein langgestrecktes Gebäude, das an einen wunderschönen Mühlenteich grenzt – und das eine alte Wassermühle beherbergt. Auf dem See ziehen Schwäne ruhig ihre Bahnen.
In einem Nebengebäude des Mühlenbetriebs haben die Inhaber den Naturkostladen und Landhandel eingerichtet – mit einem feinen Bio-Angebot. Immer wieder kommen Kunden ins Staunen, wie reichhaltig die Artikelpalette auf verhältnismäßig kleiner Fläche ist. Aber es ist nicht nur das Sortiment, das „die Mühle“ so sympathisch und attraktiv macht. Die angenehme Atmosphäre wird maßgeblich geprägt von den Inhabern, dem Ehepaar Daxner. Eine natürliche, selbstverständliche Freundlichkeit und Bescheidenheit prägt nicht nur ihren Umgang mit den Stammkunden. Auch die liebevolle Fürsorglichkeit, die die Daxners miteinander pflegen, zeigt ein großes gegenseitiges Verständnis.
Genauso interessant wie die Geschichte der Müllerfamilie Engel/Daxner ist auch die der historischen Wassermühle mit ihrer langen Vergangenheit.
Die Geschichte dieser Mühle geht zurück bis ins Mittelalter. Vor über 700 Jahren hatten uns unbekannte Menschen die großartige Idee, den sprudelnden Bach, der von den hohen Geestrücken herunter Richtung Elbe geflossen kommt, aufzustauen, um eine Wassermühle zu errichten. Anhand von Urkunden lässt sich die lange Geschichte in etwa rekonstruieren.
Die frühe Geschichte der Mühle bis zum Erwerb durch Jürgen Engel im Jahre 1895 haben wir in einem Kasten abgedruckt. Im Jahre 1895 also hat der Urgroßvater von Burghard Daxner, welcher vorher Müllermeister auf Pacht war, die Wassermühle gekauft. Das war schon ein gewaltiger Schritt für ihn. Aber etwa 10 Jahre später schon hat er die Technik der Mühle revolutioniert: Anstelle der alten riesigen Wasserräder wurde eine Turbine eingebaut, die die Kraft des Wassers effektiver umsetzen konnte. Diese Turbine treibt die Mühle bis heute an.
Der Sohn des Pioniers Jürgen Engel hieß Emil Engel (der Großvater von Burghard Daxner) und hat die Mühle dann von ihm übernommen und sie später seinem Schwiegersohn, dem Müller Nikolaus Daxner, übertragen. Dieser war gebürtig aus Oberösterreich. Dadurch wechselte zwar der Inhabername. Aber ebenso wie sein Vater hat auch Burghard Daxner die Mühle nur unter dem Namen „Wassermühle Engel“ betrieben. Bild: Müller Emil Engel mit Tochter Margarethe

Das anstrengende Leben eines Müllers
Am 1. Januar 1978 hat Burghard Daxner offiziell den Betrieb der Mühle von seinem Vater übernommen. Auf unsere neugierigen Fragen gibt er uns einen ersten Einblick in die vielfältigen Aufgaben eines Müllers: Das angelieferte Getreide muss erst einmal gereinigt, gewogen, gelagert, eventuell geschält und bei Bedarf auch noch getrocknet werden. Die gewünschten Produkte waren Mehle, Schrot und Futtermittel. Roggen, Weizen, Hafer und Gerste wurden gemahlen und von ihm auch ausgeliefert. Der Radius der Kundschaft betrug etwa 15 Kilometer.
Es klingt heute eher unglaublich, wenn Herr Daxner aufzählt, wie viele Bäckereien es in der Umgegend noch vor wenigen Jahrzehnten gab. Auch die Anzahl der Landwirte war sehr viel größer. „Es war immer viel zu tun. Circa zehn Orte habe ich beliefert. Allein in Bleckede hatte ich drei Bäckereien, in Hitzacker ebenso viele. Ich fuhr auch nach Zernien. Die gängige Verpackung waren immer die 50-Kilo-Tüten.“
In dem lebhaften Gespräch entstehen Bilder vor unserem geistigen Auge: „Zur Erntezeit standen die Bauern bei mir Schlange mit ihren Gespannen. Der Stau reichte zurück bis zur Hauptstraße. Und sehr oft haben wir bis nach Mitternacht gearbeitet.“ Der Vater von Herrn Daxner hat noch so lange geholfen, wie es ihm möglich war, und ist im Jahre 1994 gestorben.
Die faszinierende Mühlenanlage
Wir hatten das besondere Glück, dass Herr Daxner uns eine Führung durch die ganze faszinierende Mühlenanlage anbot. Es war überwältigend: Alles war erst einmal viel größer als erwartet. Wir hätten nie gedacht, dass so viele wunderbar durchdachte technische Komponenten auf mehreren Etagen der Mühle für die verschiedenen Arbeiten zusammenwirken. Ein Labyrinth an Wellen, Treibriemen, Zahnrädern und Transportrohren sorgt dafür, dass die vielfältigen Aufgaben von so einer Mühle bewältigt werden können. Viele Räder der Mühle sind bis heute noch aus Holz.

Müller aus Leidenschaft
Die Begeisterung des Herrn Daxner ist ansteckend, wenn er die Anlage vorführt. Man merkt schnell, wie verwurzelt er mit der Mühle ist. Jedes Teil wird liebevoll vorgeführt: „Zu Anfang: Die Getreidearten mussten gewissenhaft sortiert werden. Dafür braucht man eine durchdachte Struktur und klare Unterteilungen. Manchmal wurden auf besonderen Wunsch auch kleine Mengen mit dem Mühlstein geschrotet. Dabei wurde natürlich immer ohne Zusatzstoffe produziert.“
Die mächtige Maschinerie, die einzig mit der Kraft des Wassers angetrieben wird, machte uns ehrfürchtig. Der Höhenunterschied von damals 2,25 Meter zwischen dem Oberwasser des Teiches und dem weiteren Verlauf des kleinen Kateminer Mühlenbachs sorgte dafür, dass das Wasser mit großem Druck durch die Einlaufgitter floss, unter dem Gebäude entlang lief und über die Turbine die großen Mühlsteine und den Walzenstuhl antrieb!

Die Zeiten werden schwieriger
In den 1990er Jahren merkte auch Burghard Daxner, dass bei allem Idealismus für seine Mühle die Zeiten schwieriger wurden. „Der Ertrag der Mühle allein reichte nicht aus, um zu überleben. Deshalb haben wir den ehemaligen Stall umgebaut und den Laden im Februar 1996 in Betrieb genommen.“
Seit dieser Zeit betreibt das Ehepaar Daxner den Naturkostladen und Landhandel. Anfangs war vor allem seine Frau Rodica für den Ladenverkauf zuständig. Seit ihr Mann nicht mehr mahlt, ist er ebenso wie sie im Laden engagiert. Regelmäßig gemahlen hat Burghard Daxner etwa bis zum Jahre 2005. „Von Anfang an passte die Ausrichtung auf Naturkost. Wir haben sowieso immer natürlich gewirtschaftet. Das Sortiment hat sich dann aber auch nach den Kundenwünschen ausgerichtet.“
Die Zukunft der alten Mühle ist 2022 noch ungewiss
Das Herz von Herrn Daxner schlägt aber immer noch für die alte Mühle. Bemerkenswert: Obwohl die Mühle schon seit Jahren nicht mehr mahlt, wird sie ständig von ihm gewartet und in Ordnung gehalten. Herr Daxner: „Ich könnte jederzeit wieder mahlen!“ Man merkt an seiner Euphorie, an jedem erklärenden Satz, mit wie viel Liebe er an seiner Mühle hängt! Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, dass er in Ehren halten will, was seine Altvorderen mit aufgebaut haben.
„Es gibt einen Grund, weshalb die Mühle nicht mehr so arbeiten könnte wie früher. Das sind die Biber-Staudämme im Mühlenbach. Früher wurde der Bach jedes Jahr gesäubert. Heute haben wir nicht einmal mehr das Fließgefälle, damit sich meine Stromerzeugung aus Wasserkraft noch lohnt.“ Dann fügt er hinzu: „Wir setzen uns auch für eine intakte Natur ein. Aber durch ihr unflexibles Verhalten verspielt die Biosphärenverwaltung immer wieder die Sympathien von betroffenen Menschen.“
Ein Blick in die Zukunft
Schließlich fragen wir nach der Zukunftsperspektive. „Ich weiß nicht, was einmal wird. Ich scheue die viele Arbeit nicht, solange ich die Kraft habe. Aber manchmal ist die ständige Erhaltung der Gebäude sowie der Technik eine Belastung, auch in finanzieller Hinsicht.“
Die Vorstellung, dass diese besondere Wassermühle irgendwann einmal vielleicht dem Verfall anheimfallen könnte, bedrückt uns daher wie ein dunkler Schatten, als wir gemeinsam wieder zurück in den Laden gehen. Dort fragen wir die Daxners, woher sie eigentlich die Kraft und die Motivation nehmen, trotz des schon eingetretenen Rentenalters immer noch weiterzumachen. „Wir bekommen viel positive Resonanz von den Kunden. Wenn die glücklich und zufrieden sind, ist das der schönste Lohn.“
Text: Hoffmann, Fotos: Daxner/privat

Fortsetzung Stand Januar 2025: Patricia Daxner steigt in das Geschäft der Eltern ein.
Stammkunden haben es natürlich längst registriert: Immer öfter stand die Tochter des Inhaberpaares Burghard und Rodica Daxner im letzten Jahr (2024) mit im Laden und bediente – und das herzlich, fröhlich und kompetent. Diese Veränderung machte uns neugierig, und so freuen wir uns, dass wir Patricia Daxner dazu interviewen durften, wie ihre Pläne für sich und die Zukunft des Naturkostladens aussehen.
Frage: Du bist hier in Katemin aufgewachsen und hast dann viele Jahre woanders gelebt. Wo warst du zuletzt und was hast du in der Zeit gemacht?
Patricia Daxner: Ich habe viele Jahre in Österreich gelebt und gearbeitet. Das Land ist so etwas wie eine zweite Heimat für mich, denn ich war bereits als Kind jeden Sommer mit meinen Eltern und Geschwistern im schönen Salzkammergut. Die Familie meines Vaters stammt gebürtig von dort. Nach meinem Abitur habe ich eine Ausbildung zur Hotelfachfrau in Reinbek bei Hamburg gemacht und im Anschluss „Innovation und Management im Tourismus“ an der Fachhochschule Salzburg studiert. Mich hat es schon immer fasziniert, Menschen die Schönheit einer Region näherzubringen. Die Stadt Salzburg habe ich so sehr ins Herz geschlossen, dass ich gleich 10 Jahre geblieben bin. Ich habe in den Bereichen Marketing und Gastronomie gearbeitet, zuletzt in einem vegan-vegetarischen Café im Zentrum der Mozartstadt. Mir bereitet es sehr viel Freude zu sehen, wie einfach man Gäste mit gutem Essen glücklich macht.
Frage: Welchen Grund gab es für dich, dem Salzkammergut den Rücken zu kehren?
Patricia Daxner: Ich hatte immer auch eine große Sehnsucht nach zu Hause, nach meiner Heimat, meiner Familie und der schönen Elbtalaue. Mittlerweile sind meine Eltern in einem Alter, in dem sie sich über Unterstützung mehr denn je freuen. Sie haben mir im Leben viel ermöglicht und es liegt mir sehr am Herzen, ihnen nun etwas zurückzugeben. Ich habe früher schon immer gern in unserem Biomarkt und auch in der Mühle geholfen, und das darf ich nun beruflich machen. Was gibt es Schöneres? Zudem ist mir eine gesunde und ausgewogene Ernährung wichtig. Wir vertreiben in unserem Biomarkt qualitativ sehr hochwertige Produkte, und ich berate unsere Kundinnen und Kunden am liebsten persönlich dazu.
Frage: Seitdem man dich öfter im Laden sieht, wurde offensichtlich einiges im Sortiment geändert. Trägt das schon deine Handschrift?
Patricia Daxner: Ja, ich ernähre mich selbst vegetarisch und spüre, dass eine gesunde Ernährung mehr als nur ein kurzfristiger Trend ist. Aus diesem Grund finde ich es wichtig, weitere vegetarische und auch vegane Lebensmittel anzubieten. Wir führen jetzt z.B. auch Tofu-Würstchen, Seitan-Aufschnitt und vegane Gemüsebällchen. Eine gesunde Ernährung mit Bioprodukten trägt für mich stark zu einem langen und glücklichen Leben bei. Darüber hinaus haben wir das Sortiment mit Blick auf die alkoholfreien Getränke auf meinen Vorschlag hin erweitert. Und wir bieten seit kurzem auch Bio-Tiefkühlprodukte an. Eine weitere Neuerung: Man kann nun mit Karte bei uns zahlen.
Frage: Führt ihr auch künftig noch Artikel aus dem Bereich Landhandel?
Patricia Daxner: Neben Bio-Lebensmitteln gibt es weiterhin beispielsweise auch Tiernahrung und -zubehör, Gartengeräte und Pflanzerde bei uns. Je nach Jahreszeit führen wir außerdem Blumen und Gemüsepflanzen. Und auch Naturkosmetik und biologische Waschmittel gehören zu unserem Sortiment.
Frage: Ihr bietet frisches Brot von zwei Biobäckereien an. Woher kommen das Brot und die Brötchen?
Patricia Daxner: Zum einen aus der Vollkornbäckerei Rasche in Zernien, zum anderen von der Vollkornbäckerei Scharnebeck. Es ist uns enorm wichtig, dass wir Lebensmittel aus der Region anbieten. Dazu zählen auch die Kartoffeln, Eier und verschiedenes Biogemüse.
Frage: Es gibt hier ein wunderbares Ambiente mit der alten Wassermühle, die dein Papa immer gepflegt hat. Auch der Mühlenteich ist eine Attraktion. Gibt es Pläne, dieses schöne Umfeld in Zukunft mit einzubeziehen?
Patricia Daxner: Auf jeden Fall. Mein Papa und ich träumen schon seit einiger Zeit davon, dieses einmalige Ambiente mit einzubeziehen. Es ist beispielsweise die Einrichtung eines Cafés denkbar, in dem regelmäßig Bilderausstellungen stattfinden. Doch das ist gerade noch Zukunftsmusik. Ich bin ja schließlich erst angekommen(lacht). heho.